Rezension: Künstlerkolonie Groß Borstel

Einband Buch Künstlerkolonie Groß Borstel
Einband Buch Künstlerkolonie Groß Borstel

Was macht einen Stadtteil lebenswert und liebenswert? Neben vielen Aspekten wie Grün- und Naturflächen, Anbindung durch den öffentlichen Nahverkehr, Einkaufsmöglichkeiten für den täglichen Bedarf, Friseur und Ärzte gehören die Wertschätzung für die Kultur und die Kulturgeschichte des Stadtteils unbedingt dazu. Und die wird in Groß Borstel großgeschrieben. Als Groß Borstel noch ein Dorf war, ließ sich manch Hamburger Geschäftsmann oder Politiker eine Sommerresidenz an diesem ruhigen Ort errichten. Und zahlreiche Künstlerinnen und Künstler suchten im 19. und 20. Jahrhundert ihre künstlerische Heimat in dieser kleinen Oase. Die Initiative Marcus und Dahl e.V. hat sich nun auf Spurensuche nach verschollenen oder vergessenen Kunstschaffenden begeben und ist fündig geworden: Eine Auswahl von zunächst 12 Persönlichkeiten werden in ihrem Buch „Künstlerkolonie Groß Borstel“ sorgfältig und detailreich porträtiert, darunter so bekannte wie das Künstlerehepaar Hans und Annie Glissmann oder der Dichter Gustav Falke, aber auch eher unbekannte, „vergessene“ wie der Maler Alfred Stendel oder das Künstlerehepaar Paul Storm und Charlotte Storm-West. Die Herausgeber des Buches, Dr. Birgit Pflugmacher und Dr. Hans-Heinrich Nölke sind selber vertreten mit eigenen Texten und haben weitere Autor*innen gefunden, die für die porträtierten Kunstschaffenden ihre Expertise einbringen konnten, so dass das Buch abwechslungsreich und spannend zu lesen ist. Zahlreiche Fotos aus privaten Beständen illustrieren das Leben der Künstler*innen, die 44 farbigen und 66 schwarz-weißen, teilweise großformatigen Abbildungen der Kunstwerke bieten einen hervorragenden Eindruck von den Werken. Dem Künstler Gert Marcus – dessen Farbtheorie und künstlerisches Wirken Hans-Heinrich Nölke sehr anschaulich darstellt - wird als „Löwe mit Samtpfoten“ von seiner Ehefrau, Françoise Ribeyrolles-Marcus ein liebevolles Denkmal gesetzt. Und da auch die Lebenswege der Malerin Elisabeth Büttner, an die auf dem Friedhof Ohlsdorf ein Gedenkstein im Garten der Frauen erinnert, des Komponisten Ingolf Dahl, älterer Bruder von Gert Marcus, des Dichters Fritz Stavenhagen, Namensgeber des Stavenhagenhauses in der Frustbergstraße, des Malers Heinrich Rode und des Malers, Fotografen und Dokumentarfilmers Alfred Ehrhardt mit derselben großen Sorgfalt nachgezeichnet sind, bestätigt sich mit diesem Buch, was als leitendes Motiv über der Arbeit der Initiative Marcus und Dahl e.V. steht: „Künstlerinnen und Künstler können einen Stadtteil beleben, begeistern, provozieren, zu Diskussionen anregen und Bewusstsein schaffen“.

Wolf Lüders

Inhaltsverzeichnis und Leseprobe